Auf dem Weg in den Überwachungsstaat?

Erst die Speicherung des Fingerabdruckes im Reisepass, dann die Vorratsdatenspeicherung der Verkehrsdaten aller Telekommunikationsaktivitäten der Bundesbürger: So langsam, scheint es, werden wir zum gläsernen Bürger — zumindest für die Behörden und den Staat. Noch wird beteuert, alles geschieht zu unserem Besten, und mit dem Argument „Kampf gegen den Terror“ werden pauschal anscheinend zumindest fragwürdige Praktiken und Massnahmen legitimiert. Aber stellt euch mal vor, diese gesammelten Daten fallen in die Hände von Personen oder werden Teil des Instrumentariums eines Staates, der es eben nicht so gut mit uns meint?

Natürlich ist es nicht gesagt, dass die ab dem 1. November gesammelten Fingerabdrücke zentral irgendwo auf Vorrat gespeichert werden — der Gesetzgeber lehnt dies ja auch ab. Aber dieses Szenario ist dennoch denkbar. Auch möglich: Was passiert, wenn jemand meine digitalen Fingerabdrücke klaut, etwa wenn ich meinen Pass irgendwo liegenlasse, und so ein eindeutiges biometrisches Merkmal von mir annimmt? Er/Sie könnte den Abdruck einfach ausdrucken, „anziehen“ und damit Straftaten begehen. Das Auslesen von den auf dem RFID-Chip gespeicherten Daten ist nämlich keineswegs so unmöglich, wie uns die Regierung glauben machen will. Pikante Anekdote dabei: Das Auswärtige Amt traut den Sicherheitsversprechungen des Innenministeriums anscheinend nicht. Diplomatenpässe werden „wegen der besonderen Gefährdungslage“ keine RFID-Chips enthalten.

Der reale Sicherheitsgewinn für jeden einzelnen Bürger bei beiden Maßnahmen — RFID im Reisepass und die Vorratsdatenspeicherung — ist nach Expertenmeinungen dagegen denkbar gering, die Verletzung der Persönlichkeitsrechte (Fernmeldegeheimnis, informationelle Selbstbestimmung etc.) hingegen erheblich. Ich frage mich ehrlich, wozu das alles? Was meint ihr dazu? Würde mich sehr interessieren.

Artikel bei “emergentes Gedankengut”

Kleine Werbung in eigener Sache: Heute ging ein Artikel von mir auf dem Blog „emergentes Gedankengut“ online, das gesellschaftlichen Entwicklungen und deren mögliche Auswirkungen auf Gemeinde zum Thema hat, darunter auch Postmodernes und Emergentes. Mein Artikel beleuchtet im Wesentlichen Hintergründe und theologische Aspekte meiner Diplomarbeit. Danke nochmal an Daniel für die freundliche Einladung, dort einen Artikel zu schreiben.

Wenn ein Stargeiger in der B-Ebene spielen würde…

…dann würde das vermutlich keinen jucken, schon gar nicht im betriebsamen Frankfurt.

Interessantes Experiment: Die Washington Post wollte herausfinden, ob herausragende künstlerische Leistungen auch ausserhalb ihres gewohnten Kontextes (ihr wisst schon: Opern, Konzerte, Veranstaltungen…) als solche wahrgenommen werden. Dazu spielte Joshua Bell, gar nicht unbedingt so stark inkognito, in der Metro als Strassenmusiker.

Das Resultat findet Ihr bei der Washington Post (inkl. Videoclips). Längerer Artikel, aber sehr gut geschrieben und lesenswert.

Steh auf und geh

Der Kranke am Teich Bethesda, der schon 38 Jahre krank war, hat Jesus einfach geglaubt, als er ihm sagte: „Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!“ Vielleicht hat er ein wenig gezögert, Jesus angeschaut, und in Jesu Augen eine unwiderstehliche Kraft und Liebe gesehen. Aber ich frage mich, wieso hat er Jesus einfach geglaubt und nicht widersprochen?

Schwer vorstellbar in unserer heutigen Zeit, wo alles hinterfragt, durchleuchtet und skeptisch betrachtet wird. Ja, es war so, dass der Kranke direkt in die Augen Gottes geschaut hat. Das war der entscheidende Faktor. Aber ich glaube auch, dass bei ihm schon vorher eine Bereitschaft und die richtige Haltung des Herzens da war, auch nach 38 Jahren des Leidens eben nicht zynisch und abgeklärt und gleichgültig zu sein.

Und da ist für mich der springende Punkt. In meinem persönlichen Leben muss ich feststellen, dass eben diese Gefahr besteht, abgeklärt zu werden. Man sieht soviel, bekommt soviel mit, der alltägliche Wahnsinn eben. Kein Vergleich zur Zeit des Altertums, wo man mit einer überschaubaren Anzahl von Menschen wirklich näher in Kontakt kommt. Es ist eine Leistung, angesichts der täglichen Reizüberflutung sich auf das Wesentliche einzulassen und im entscheidenden Moment eben nicht anzufangen mit „Ja, aber…“, sondern Gott zuzuhören, darauf, was Jesus einem zu sagen hat. Ohne wenn und aber. Auch wenn man schon vieles ausprobiert, vielen geglaubt hat und meistens enttäuscht worden ist.

Angst davor innezuhalten

Peter Aschoff hat in seinem Blog ein interessantes Zeit-Zitat aufgegriffen, das ich hier gerne wiedergeben möchte:

In der Natur gibt es keine Langeweile. Langeweile ist eine Erfindung der Beschleunigungsgesellschaft, deren Mitglieder fürchten, zu sich selbst kommen zu müssen und Leere zu finden.

Letztens ist mir sehr bewusst geworden, dass wir oft Angst vor diesem Entschleunigen und Innehalten haben. Ich möchte dennoch behaupten, dass man da mit Gott die eindeutig besseren Karten hat — denn er trägt uns spürbar in den Zeiten der Not und er ist die ultimative Antwort auf die Frage des Lebens. Ohne jetzt ins Predigen abgleiten zu wollen, noch ein Auszug aus dem Buch „Gott in der Erlebnisgesellschaft“ von Heinzpeter Hempelmann:

Erleben [im postmodernen Sinne] hat offenbar vor allem die Funktion, mindestens aber die weit verbreitete Wirkung, über das Leben nicht mehr nachdenken zu müssen. […] Nur wenn es den Sinn, die Wahrheit, den Wert des Menschen nicht mehr gibt, was bleibt dann tatsächlich anderes, als jeden Zustand zu vermeiden, in dem sich diese uns von Natur aus aufgegebenen Fragen stellen könnten? Was bleibt dann anderes als eine immer weitergehende Beschleunigung unserer Lebensverhältnisse, die Leben in Erleben auflösen, Mobilität zum Trumpf, Tempo zur Tugend machen und alle Verlangsamung vermeiden helfen, die mich zu einer Ruhe führen könnte, in der ich doch wohl nur einer Sache sicher sein könnte: der bohrenden Unruhe über meine innere Leere?

Wie Hempelmann selbst zugibt, ist das natürlich etwas überzeichnet; trifft aber meiner Meinung nach das Problem der Erlebnisgesellschaft ganz gut. Fest steht: Nur Gott kann diese Leere in den Herzen ausfüllen — gerade in unserer postmodernen Erlebnis- oder eben Beschleunigungsgesellschaft.